Mitten in der Nacht wird Max von seiner Mutter geweckt. »Seid still«, sagt sie weinend, als sie den Zehnjährigen und seine vier Jahre alte Schwester Ellie in einen Wandschrank sperrt. »Geht zu Opa …«, hören die Kinder sie noch flüstern, dann fliegt krachend die Haustür auf. Ihre Mutter schreit. Ellie weint. Um sie zu beruhigen, erzählt Max ihr die Geschichte vom Märchenwald. Während Max und Ellie auf dem Weg zu ihrem Großvater sind, erwacht auf dem Alexanderplatz eine junge Frau blutüberströmt und ohne Gedächtnis. Im Wedding stehen die Mordermittler Paul Kalkbrenner und Sera Muth vor dem rätselhaftesten Fall ihrer Karriere. Und der Märchenwald birgt nichts Gutes.
Der fünfte Teil „Märchenwald“ der Thriller-Reihe von Martin Krist, in welcher Paul Kalkbrenner mit seiner Kollegin Sera Muth ermitteln, ist nach „Wut“, „Gier“, „Trieb“ und „Engelsgleich“ ein weiteres überzeugendes Werk des berliner Autors.
Martin Krist nutzt für die Spannung seiner Geschichte drei parallel zueinander laufende Handlungsstränge, welche vorerst als unabhängig voneinander scheinen. Im weiteren Verlauf des Thrillers wird jedoch immer deutlicher, dass sich diese drei Geschichten zu einem grausemen großen Ganzen zusammenfügen werden.
In dem ersten Strang ermitteln die beiden Mordermittler in einem Fall, welcher unmenschlicher nicht sein könnte: sie endteckten Leichenteile in einer Tiefkühltruhe eines Toden; es handelte sich um Kannibalismus.
Der zweite Handlungsstrang handelt von einer Frau, welche ohne Erinnerungen mitten in Berlin erwacht und gedrängt durch eine unermessliche Verfolgungsangst durch die ganze Stadt flieht, ohne Ziel.
Besonders der tritte Handlungsstrang hat mich bewegt. Der kleine Max und seine kleinere Schwester sind alleine, nachdem ihrer Mutter etwas grausemes zugestoßen sein muss. Sie sollten zu Opa gehen. Jedenfalls war es das, was Max verstand bevor seine Mutter verschwand. Diese Geschichte erinnert an eine moderne Form von Hänsel und Gretel und diese Verbindung wird im weiteren Verlauf immer mehr bestätigt.
Besonders auffällig ist, dass die Emotionen im ganzen Thriller durch die Protagonisten auf den Leser übertragen werden. Krist arbeitet mit sehr kurzen Kapiteln, mit sehr fesselnden Cliffhanger an deren Ende. Dies hat zur Folge, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann und will.
Zu Beginn war ich besonders begeistert von diesem Aufbau und der dadurch erzeugten Spannung. Es ist ein Thriller, der einen einfach nicht mehr loslässt – man will weiter lesen, weiter rätseln und weiter die Zusammenhänge verstehen, erkennen und aufdecken. Leider wurde meiner Meinung nach das „ganze Große“ zu früh deutlich, wodurch sich die Spannung etwas gelegt hat. Da konnten auch überraschende Zwischenfälle in Paul Kalkbrenners Leben nicht gegen wirken. Das Ende erinnerte mich zu sehr an „Hollywood“ und viele Fragen blieben offen, wodurch der Leser etwas unzufrieden und unwissend zurückbleibt.
Trotzdem ist der Thriller absolut empfehlenswert!
Alles in allem ist der Thriller „Märchenwald“ von Martin Krist absolut zu empfehlen. Krist schafft es mit seiner Raffinesse ein großes Ganzes herzustellen, welches der Leser zu Beginn micht vermuten kann.
Und zu guter Letzt: Martin Krist hat es durch seine offene und nette Art in den sozialen Medien geschafft, dass ich sogar die Danksagung am Ende las. 😉
Sterne: 4/5
Informationen zum Buch:
Seiten: 416
Verlag: Ullstein Taschenbuch
Erschienen: 12. August 2016
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